Herbert Sandberg
Biographie


                                                                                           Fotos: Roger Melis, Berlin

 

 

18.04.1908

Herbert Sandberg wird in Posen (Poznań) als Kind des orthodoxen jüdischen Lederhändlers Salomon Sandberg und seiner Frau Eva geboren. Kurz nach der Geburt zieht die Familie in das schlesische Zabrze (später Hindenburg) um, wo er das Königin-Luise-Gymnasium besuchte. 

 

  1918

Die Familie Sandberg siedelt nach Breslau (Wroclaw) um, wo Herbert Sandberg das Gymnasium besuchte. 

1919 wurde Breslau die Hauptstadt der neu gegründeten Provinz Niederschlesien. Bei den Wahlen 1921 zum niederschlesischen Provinziallandtag erreicht die SPD mit 51,19 % der Stimmen die absolute Mehrheit. 

Nach dem Gymnasium besuchte Herbert Sandberg die Handelsschule im unterfränkischen Burgpreppach, dem eine kurze Lehre beim Bankhaus Löwy & Co. in der Heimatstadt Breslau folgte.  

 

 1925

Schnell erkannte Sandberg, dass der Kaufmannsberuf nicht das Richtige für ihn war. Folgerichtig studierte er an der Kunstgewerbeschule und an der Kunstakademie in Breslau. Unterstützt wurde er hierbei durch seinen Onkel Adolph Pinczower, einen Arzt. 


Einer seiner Lehrer an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe Breslau war der Maler und Grafiker Otto Mueller (1874-1930). 

Otto Mueller war von 1910 bis 1913 Mitglied der Berliner Künstlergruppe Die Brücke und gilt heute als einer der bedeutendsten Expressionisten.

 1926 

Während des Studiums überwarf sich Sandberg mit seinem Vater, so dass er selbst Geld verdienen musste. In der "Zeit am Montag" erschien seine erste Pressezeichnung: die Schauspielerin Carola Neher. Diese Zeichnung gilt als verschollen. Es folgten Aufträge  für das "8-Uhr-Blatt", die "Freie Meinung" und die "Schlesische Arbeiterzeitung". 

 

 Herbst 1928 

Nach seiner Übersiedlung nach Berlin setzt Sandberg seine Tätigkeit als Pressezeichner fort, so unter anderem für die "Rote Post", den "Eulenspiegel", den "Wahren Jakob" und den "Roten Pfeffer".  

Für die Zeitung "Berlin am Morgen" zeichnete und schrieb er die Serie "Mein Beruf und seine Sorgen". 

Sandberg tritt den in den 20er Jahren gegründeten KPD-nahen Organisationen "Rote Hilfe" und der "Internationalen Arbeiterhilfe" (IAH) bei. 

1927 entsteht das Porträt "Der Dichter Klabund", ein Holzschnitt für den 1928 an einer Lungenentzündung verstorbenen Dichter.
Alfred Henschke (Klabund) lernte er durch dessen Ehefrau Carola Neher kennen. Hier ein Druck aus dem Jahr 1928.  

Sandbergs Vater emigriert 1928 nach Israel und holt 1930 seine Frau und die Töchter nach. Er wurde dort 93 Jahre alt.

 

 

  1929 

Ein Jahr nach deren Gründung wird Herbert Sandberg Mitglied der Assoziation revolutionärer bildender Künstler Deutschland (ASSO). 

Die ASSO veranstaltete 1929 ihre erste Ausstellung in Berlin. Auf der einzigen Reichskonferenz 1931 wurde der Name in Bund revolutionärer bildender Künstler Deutschlands (BRBKD) geändert. Als Zeitschrift wurde "Der Stoßtrupp" publiziert. Sie bestand legal bis 1933. 

 

 1930 

Herbert Sandberg tritt in die KPD ein. Für die Partei entwarf er zahlreiche Flugblätter und Plakate, illustrierte Pionierzeitungen und arbeitete als Agitpropleiter in Friedenau und Steglitz. In dieser Zeit lernte er Johannes R. Becher und Anna Seghers  kennen. 

 

 

 1933 

 
   Während des Reichstagsbrandes ist Sandberg noch in Berlin aktiv. Er druckt und verteilt Flugblätter "Hitler ist Krieg". Unter anderem warf er Flugblätter aus der obersten Etage des KaDeWe in die Massen. In den Arbeiterbezirken im Norden Berlins arbeitet er illegal für die KPD unter dem Namen Max Wallach. 

 

 
 

 1934 

 
 



Nach einer Warnung flieht Herbert Sandberg nach Prag. Mit einem Parteiauftrag kehrt er nach Berlin zurück, wird jedoch bei einer Hausdurchsuchung verhaftet. Nach 5 Monaten Haft in Plötzensee wird er durch das Kammergericht Berlin zu 3 Jahren Zuchthaus wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" verurteilt und im Zuchthaus Brandenburg-Görden eingesperrt. 

 

 
 

 1937 

 
  Nach Verbüßung der Zuchthausstrafe wird Herbert Sandberg nicht entlassen, sondern in die Gestapo-Zellen in der Prinz-Albrecht-Straße und später in das Polizeipräsidium am Alexanderplatz überführt.

 

 
 

  21.07.1938

 
  Herbert Sandberg wird in das damals noch nicht fertig gestellte KZ Buchenwald mit der Häftlingsnummer 3491 eingeliefert. Dort arbeitet er als Häftling vorwiegend als Steinträger, Maurer und Putzer. Als KPD-Mitglied arbeitet er illegal eng mit Bruno Apitz und Rudi Arndt zusammen. 

Das KZ Buchenwald war eines der größten Konzentrationslager auf deutschem Boden. Es wurde zwischen Juli 1937 und April 1945 auf dem Ettersberg bei Weimar als Arbeitslager betrieben. Insgesamt waren etwa 250.000 Menschen aus allen Ländern Europas von Juli 1937 bis April 1945 im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. Die Zahl der Todesopfer wird auf etwa 56.000 geschätzt, darunter 11.000 Juden.

 

 
 

 1943 

 
  Herbert Sandsbergs Bruder Ismar, der als Gärtner auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee arbeitete, wird mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert und ermordet. 

 

 
 

1944

 
  Mit Ruß und Schlämmkreide hält Sandberg 18 Szenen aus dem KZ-Leben fest: "Arbeit", "Am Baum", "Mithäftling" u.a. 

Die Blätter werden illegal aus dem Lager nach Erfurt geschmuggelt und dort versteckt. Sie bilden später die Grundlage für den 1949 im Aufbauverlag als Buch erschienenen Zyklus 
"Eine Freundschaft".

 

 
11. April 1945
 



                                  "Endlich"

Befreiung aus dem Konzentrationslager. 

Nach der Selbstbefreiung und dem Einzug der US-Armee wurde deutlich, in welcher Größenordnung die Nazis Menschen bestialisch umgebracht haben. Im "Schwur von Buchenwald" danken am 19. April 1945 die ehemaligen Häftlinge den Befreiern und schwören, dass sie erst Ruhe geben, bis der Letzte Schuldige an den KZ-Verbrechen  vor Gericht seine Strafe erhält. 

Herbert Sandberg hat Buchenwald überlebt. In vielen seiner Grafiken hat er später diese Zeit verarbeitet. Und mit seinen Arbeiten zu diesem Thema wollte er vor allem eines: ERINNERN und MAHNEN


Juni 1945

Im Juni 1945 trifft Herbert Sandberg in Berlin ein. Zusammen mit Günther Weisenborn, einem ebenfalls im Zuchthaus inhaftierten Schriftsteller, gründet er noch im gleichen Jahr die Zeitschrift " ULENSPIEGEL ". Die erste Ausgabe erscheint am 24.12.1945.
 

Die Auflagenhöhe des ULENSPIEGEL lag zur Gründung bei 120.000, nach der Währungsreform 50.000, später bei  75.000 Exemplaren. Gedruckt wurde in Tempelhof. Die Zeitschrift stand bis 1948 unter der Alliierten-Lizenz der amerikanischen Militärbehörde und hatte ihren Sitz in Dahlem. Nach Reibereien mit den amerikanischen Behörden kündigte man deren Lizenz und veröffentlichte 1948-1950 unter der Lizenz der sowjetischen Behörden mit Sitz in der Mohrenstraße. Das eher linksorientierte politische Satireblatt verstand sich in der Tradition des Simplicissimus und anderer klassischer Zeitschriften des Humors und der Satire. Es verstand sich aber auch als eine Plattform für Kunst und Literatur. Im demokratischen Aufbruch der Nachkriegszeit trafen sich hier Schriftsteller, Illustratoren, Karikaturisten und Grafiker, unterschiedlichster kultureller und politischer Orientierung, um vor allem Deutschlands politische, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung satirisch zu kommentieren und zu begleiten. Zu den bekanntesten Zeichnern gehörten neben Sandberg Werner Klemke, Jean Effel, John Heartfield und Elizabeth Shaw. 

 Dezember 1946 

Sandberg heiratet Eugenie Spies, die Tochter des Komponisten Leo Spies.

 

1947
Geburt von Tochter Viola. 

In der Zeit von 1947 bis 1961 entstanden in gemeinsamer Arbeit mit seiner Frau zahlreiche Bühnenbilder für Berliner Theater unter dem Namen " Sandbergkollektiv ". Eugenie Sandberg war ausgebildete Bühnen- und Kostümbildnerin. Anfänglich arbeitete auch die Schwägerin Rosemarie Spies mit, die heute eine bekannte Keramikerin  ist.

1952 "Marek im Westen" in den Kammerspielen
1952 "Ein Polterabend" im DT 
1953 für einen Ballettabend in der Komischen Oper 
1954 "Der Zerrissene" in der Volksbühne Berlin 
1958 "Kein Platz für milde Satire" in der Distel   

 1949 

Geburt von Sohn David. 

Im Rahmen der Formalismusdebatte wird Herbert Sandberg scharf attackiert. Alexander Dymschitz und Stefan Heymann bezeichnen seine Blätter in einer im  " ND " abgehaltenen Debatte als formalistisch und unmarxistisch. 

1950

Nach 121 Nummern stellt der " ULENSPIEGEL " nach Entzug der Lizenz sein Erscheinen ein. Herbert Sandberg bezeichnet später die " ULENSPIEGEL "-Jahre als "die schönsten meines Lebens". Er arbeitet für das " Neue Deutschland " als Zeichner und Leiter der Bildredaktion, später freischaffend. Die Familie wohnte in dieser Zeit in Kleinmachnow. 

1952

Geburt von Sohn Thomas. 

 

 1954 

Herbert Sandberg wird bis 1957 Chefredakteur der Zeitschrift " Bildende Kunst " 

Die Zeitschrift "Bildende Kunst" wurde 1947 von Karl Hofer und Oskar Nerlinger gegründet und erschien zunächst bis 1949. Ab Januar 1953 wurde sie als Organ des Verband Bildender Künstler Deutschlands (VBKD) VBKD und (ab 1970 Verband Bildender Künstler der DDR) im Verlag der Kunst, ab 1965 im Henschel-Verlag herausgegeben. Chefredakteure waren unter anderem Herbert Sandberg, Ulrich Kuhirt und Dr. Peter Michel (1974-1987). 

Im gleichen Jahr beginnt die Mitarbeit an verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften: 
* Serie "Mit spitzer Feder" in der Sonntagsausgabe des " ND "
* Serie "Der freche Zeichenstift" des "Magazin" (ab 5/1954) 

 

 1955 

Im Februar 1955 kam es in Sandbergs Wohnung zu einer Gesprächsrunde über bildende Kunst mit Brecht, an der auch Fritz Cremer, Gustav Seitz, Hans Bunge, Walter Besenbruch und Alfred Kurella teilnahmen. Es existiert davon eine Tonbandaufnahme im Bertolt Brecht-Archiv.

Herbert Sandberg zeichnet auf Vorschlag Brechts im Berliner Ensemble und lässt die Tradition der Theaterzeichnung wieder aufleben.

Es entstehen unter anderem Szenebilder aus "Mutter Courage", "Herr Puntila und sein Knecht Matti" und "Der gute Mensch von Sezuan“.

Und wer kennt nicht die Brecht-Karikatur, bei der Brecht lesend mittels Handantrieb die Leuchtreklame des Hauses oder - wenn man es genauer sieht - das gesamte Haus an sich in Bewegung versetzt. Ohne Brecht keine Bewegung, ohne Brecht kein BE.

6 der besten Radierungen hat Herbert Sandberg 1964 als "Kleine Brecht-Mappe" herausgegeben.  1967 erscheint "Mein Brecht-Skizzenbuch" im Aufbau-Verlag. 

 

 1958

Medaille "Kämpfer gegen den Faschismus".

 

1966

"Johannes-R.-Becher-Medaille" in Gold.

 

1967

Sandberg zeichnet für die "Neue Berliner Illustrierte" (NBI) die Porträtserie "Sandbergs kleine Galerie". Bis 1972 entstehen 30 Decelithschnitte "Bilder zum Kommunistischen Manifest". Diese werden 1973 im Henschelverlag herausgegeben. Die Originale übergibt er 1973 dem Friedrich-Engels-Zentrum in Elberfeld-Barmen. 
Verleihung des "Kunstpreises der DDR" 

 1968 

Sandberg zeichnet bis 1970 Schriftsteller-Porträts für die Wochenzeitung "Sonntag".
Verleihung des Vaterländischen Verdienstordens in Bronze. 

 

 1970 

In der Zeit von 1970 bis 1972 hält Herbert Sandberg Gastvorlesungen an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig.  

 

 1972 

Ernennung zum Professor. Verleihung des Käthe-Kollwitz-Preises der Akademie der Künste. 

 

 1973 

Nationalpreises II. Klasse
Vorsitzender der Grafik-Gruppe der Zentralen Sektionsleitung der Malerei/Grafik im VBK der DDR.

 

1974

Herbert Sandberg entwirft zusammen mit Peter Hoppe ein Emaille-Wandbild am Sportforum Hohenschönhausen.

 

1976
Erster Preis für politische Grafik der DDR

1977

Im Henschelverlag erscheint mit der Sandberg-Monographie von Lothar Lang das bislang umfassendste  Buch  zum Leben und Werk Herbert Sandbergs.   

1978

Verleihung des Vaterländischen Verdienstordens in Gold.

 

1979

Verleihung des Kunstpreises des FDGB.

 

1981

Herbert Sandberg heiratet die Schauspielerin Liselotte (Lilo) Grahn.

 

1982
Erstmalige Verleihung der Hans-Grundig Medaille als höchste Auszeichnung des Verbandes Bildender Künstler der DDR

 

1983

Herbert Sandberg veröffentlicht 25 Aquatintaradierungen zu Brechts "Der anachronistische Zug". Er wird Ehrenmitglied des Zentralvorstandes des Verbandes Bildender Künstler der DDR und Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste der DDR.
Mit der Verleihung des Nationalpreises I. Klasse  war für Sandberg die "blödsinnige Formalismus-Debatte" (H.S.) vorbei.

 

 

 

 

  18.03.1991

Herbert Sandberg stirbt 82jährig in Berlin. Er wird auf dem Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden in Berlin-Mitte beigesetzt.

Der Maler Ronald Paris hält die Trauerrede in der Kapelle, die Plastik auf seinem Grab stammt von der Bildhauerin Ingeborg Hunzinger.

 

1996


Eugenie Sandberg (1923-1996), Herbert Sandbergs erste Frau, stirbt. Sie wird im Grab ihres Vaters Leo Spies auf dem Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden in Berlin-Mitte beigesetzt.


14.03.2007

Liselotte Sandberg (1943-2007), mit der Herbert Sandberg seit 1981 in zweiter Ehe verheiratet war, stirbt in Berlin-Pankow. Sie wird im Grab ihres Mannes beigesetzt.
Adressen von Herbert Sandberg: 

1931: Berlin-Wilmersdorf, Kreuznacher Str. 36 
1932: Berlin-Zehlendorf, Grunewaldallee 188 
1991: Berlin-Pankow, Platanenstr. 107

 

www.herbert-sandberg.de     Fotos: wikipedia + eigene Aufnahmen