Herbert Sandberg
Brecht und das Berliner Ensemble
Dank der hervorragenden
Brecht-Forschung ist heute genau feststellbar, welchen Kontakt Brecht und
Herbert Sandberg miteinander hatten. Folgende Daten sind dem Buch "Brecht
Chronik 1898-1956" von Werner Hecht (Suhrkamp Verlag, 1997)
entnommen. Die Begegnung von 1925 stammt aus Sandbergs Arbeitsnotizen (Lothar
Lang: "Herbert Sandberg. Leben und Werk. Henschel Verlag, 1977).
Datum | Kontakt | |
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1927 | Die Breslauer Volksbühnenzeitschrift beauftragt den jungen Sandberg, Brecht zu zeichnen. In seinem Berliner Atelier in der Spichernstraße begegnete er erstmals Brecht und zeichnete ihn. Bei der Verabschiedung folgt auf Sandbergs Anmerkung "Sie sehen aber gar nicht so aus, wie Schlichter sie gemalt hat, mit Lederweste und Zigarre" die Antwort Brechts "Machen Sie mich nicht zu prosaisch, ich kann mich nicht so billig verkaufen". | |
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Dezember 1950 | Der Graphiker Herbert Sandberg
schenkt Brecht seine soeben herausgekommene Sammlung Eine Freundschaft.
30 Holzschnittskizzen mit der Widmung: "Bertolt Brecht der im Wort das erreichte, was mir im Bild vorschwebt." |
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1. Juli 1953 | Die Karikatur von Helene Weigel, die Herbert Sandberg am 3.6.1953 in der satirischen Zeitung Eulenspiegel veröffentlicht hat, hält ein Hallenser Leser für eine "beleidigende Zeichnung". Die Redaktion der Zeitung berichtet, dass Helene Weigel "tatsächlich beleidigt" gewesen sei, und zwar "darüber, dass viel zu wenig solcher hervorragenden satirischen Porträtkarikaturen im Eulenspiegel erscheinen". | |
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Februar 1955 | Im Februar führen die bildenden Künstler Fritz Cremer, Gustav Seitz und Herbert Sandberg ein Gespräch mit Brecht, Alfred Kurella und Hermann Besenbruch über Malerei. Bei der Diskussion über den Zweck der Kunst vertritt Brecht den Standpunkt: "Also die These, dass zum Beispiel Kunst dann Kunst ist, wenn sie keine negativen Wirkungen haben kann oder soll, kann man nicht aufstellen. Denn sonst kommen wir in die moralinsaure Definition der Kunst." Es gäbe auch "sozial gefährliche Künste", die lähmend wirken. Er könne beispielsweise, wenn er von André Gides Abkehr von der Sowjetunion hört, nicht erklären, der Mann habe "nie etwas mit Kunst zu tun" gehabt. Andererseits müssten sich die Künstler "schon wehren gegen eine allzu einförmige Gleichschaltung der moralischen Qualitäten mit dem Inhalt, weil sie sonst mit der Sowjetkunst überhaupt nicht fertig werden". | |
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29. Juli 1955 | Herbert Sandberg macht Brecht auf Juri Soyfer aufmerksam, der nach Auskunft eines seiner Wiener Freunde "ein Nachfolger Nestroys" geworden wäre, und schickt ihm eines seiner Werke. Sandberg hat Soyfer im KZ Buchenwald kennengelernt. | |
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22. September 1955 | Abends Diskission mit Herbert Sandberg, Peter Hacks und Lucebert über neue Stücke und über Architektur. | |
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Brecht-Porträts, „Mein Brecht-Skizzenbuch“, "Kleine Brecht-Mappe" Theaterzeichnungen haben in Berlin eine lange Tradition, die auf Daniel Chodowiecki zurückgeht und die ihre Blütezeit Anfang des 20. Jahrhunderts mit Künstlern wie Slevogt und Großmann erlebte. Diese Tradition verblasste mit der Zeit und war nach dem 2. Weltkrieg im großen Rahmen nicht mehr üblich. In Gesprächen äußerte Brecht den Wunsch und
den Vorschlag: „Warum macht Ihr denn eigentlich nicht einmal wieder
Theaterzeichnungen ?“ Dies nahm Herbert Sandberg zum Anlass, im Berliner
Ensemble zu zeichnen. Er fühlte sich rasch in das Klima des Hauses ein
und notierte fast die gesamte Theaterarbeit mit spitzer Feder. Eine
Auswahl dieser zahlreichen Ausbeute erschien 1967 im Aufbau-Verlag unter
dem Titel „Mein Brecht-Skizzenbuch“. In verschiedenen Techniken und auch mit qualitativ unterschiedlichen Ergebnissen zeichnete Sandberg Szenen unter anderem aus „Mutter Courage“, „Herr Puntila und sein Knecht Matti“, „Die Mutter“, „Furcht und Elend des Dritten Reiches“, „Leben des Galilei“, „Der gute Mensch von Sezuan“, „Die Tage der Commune“, „Schwejk im zweiten Weltkrieg“, „Der Messingkauf“ und „Coriolan“. Er portraitierte Brecht und die Weigel viele Male, Ernst Busch, Wolf Kaiser, Martin Flörchinger und zahlreiche andere Schauspieler des Berliner Ensembles. Einige der besten Zeichnungen hat Herbert Sandberg zu Radierungen und Lithografien weitergeführt. Die Federzeichnungen wurden mittels Umdruckpapier auf die Druckform gebracht, Überarbeitungen und ergänzende Eingriffe in den Stein waren selbstverständlich.
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