Herbert Sandberg
Mitherausgeber des Ulenspiegel
(1945-1950)


Text aus: Wikipedia (23.02.2008)

Der Ulenspiegel war eine satirische Zeitschrift der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs und ein wichtiges Kapitel des kulturellen Neubeginns nach den Hitlerjahren in Deutschland. Er wurde seit Dezember 1945 vierzehntäglich in Berlin von Herbert Sandberg und Günther Weisenborn herausgegeben mit einer anfänglichen Auflagenhöhe von 120.000, nach der Währungsreform 50.000, später 75.000 Exemplaren. Die Zeitschrift stand von 1946-1948 unter der Alliierten-Lizenz der amerikanischen Militärbehörde, 1949/50 unter der Lizenz der sowjetischen Behörden. Die Chefredaktion führte zeitweise Carl Schnog.

Das eher linksorientierte politische Satireblatt verstand sich in der Tradition des Simplicissimus und anderer klassischer Zeitschriften des Humors und der Satire. Es verstand sich aber auch als eine Plattform für Kunst und Literatur. Im demokratischen Aufbruch der Nachkriegszeit trafen sich hier Schriftsteller, Illustratoren, Karikaturisten und Grafiker, unterschiedlichster kultureller und politischer Orientierung, um vor allem Deutschlands politische, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung satirisch zu kommentieren und zu begleiten. Dabei spielten Satire, Humor, Cartoon, Karikatur und Comics eine besondere Rolle, aber auch die Wiederentdeckung verfemter, vergessener Kunst der klassischen Avantgarde. So besaß das Blatt zeitweise eine Kunstdruckbeilage mit Reproduktionen von Bildern Picassos, Chagalls und vieler anderer unter Hitler verbotener Künstler aus Vergangenheit und Gegenwart.

Gründung

Herbert Sandberg und Günter Weisenborn, gerade aus den Konzentrationslagern Hitlerdeutschlands befreit, trafen sich im Juni 1945 in Berlin auf dem Kurfürstendamm. Sandberg hatte ein fertiges Konzept für das Satireblatt dabei. Emil Carlebach, der die Lizenz der Frankfurter Rundschau angenommen hatte und Peter de Mendelssohn, der verantwortlich für das Pressewesen bei der Amerikanischen Miltärbehörde war, standen bei der Gründung Pate. Absichten und Umstände werden aus dem Impressum von 1946 klar: "Der unabhängige und unzensierte ULENSPIEGEL erscheint vorläufig alle 14 Tage am Freitag im Ulenspiegel-Verlag Haueisen & Co. G.m.b.H. Berlin-Dahlem Pücklerstr. 22... Der Ulenspiegel-Verlag ist von der Nachrichtenkontrolle der Amerikanischen Militärregierung zugelassen."

 

Geschichte

Bereits 1934-1941 erschien unter dem Namen Ulenspiegel eine Betriebszeitschrift des Ullstein-Verlages (Ullstein A.G.). Mit dieser hatte aber das neue Blatt nichts zu tun. In den Redaktionssitzungen des Ulenspiegel trafen sich Schriftsteller und Künstler, Emigranten, Redakteure und Grafiker, die die dunklen Jahre irgendwie überlebt hatten, zu brisanten Diskussionen um die Gegenwart und Zukunft Deutschlands von den demokratischen Anfängen bis zum Kalten Krieg und der Spaltung.

Die Herausgeber konnten so manchem auf dem Index Stehenden zu dem sogenannten "Persilschein", der Arbeitserlaubnis verhelfen. Jetzt wurde jeder gebraucht, um ein demokratisches Mediengeschehen wieder aufzubauen. Anfänglich wurden sie dabei von den Amerikanern unterstützt. Jedoch setzten diese bald nach Währungsreform, Blockade und Gründung der DDR die Redaktion wegen zu linker Tendenzen unter Druck. Der Kalte Krieg kulminierte. Herbert Sandberg kündigte schließlich die Lizenz und nahm 1948 ein Angebot der Sowjetischen Militärbehörde an.

Die nunmehr in Ostberlin erscheinende Zeitschrift hatte noch bis zum August 1950 zu leben, dann wurde auch dort die Lizenz gekündigt. Den Genossen in Ostberlin war sie nun zu westlich und modern.

Ein Wettbewerber im Sowjetischen Sektor war der Frische Wind, der nach dem Ende des Ulenspiegel, in Anlehnung an dessen Namen sich ab 1954 Eulenspiegel nannte und noch heute in Berlin erscheint.

Der Ulenspiegel-Verlag brachte 1949 auch 20 Nummern einer Zeitschrift mit dem Titel "Fuffzehn für Vergnügte und Verärgerte", Hrsg. von Lothar Kusche, und wenige Buchpublikationen heraus.

 

Autoren (Auswahl)

Bele Bachem, Johannes R. Becher, Wolfgang Borchert, Bertolt Brecht, Alexander Camaro, Otto Dix, Richard Drews, Alfred Döblin, Jean Effel, Heinrich Ehmsen, René Graetz, George Grosz, John Heartfield, Hannes Hegen, Josef Hegenbarth, Robert Herlth, Stephan Hermlin, Hermann Hesse, Karl Hofer, Karl Holtz, Hanna Höch, Heinrich Kilger, Werner Klemke, Käthe Kollwitz, Alfred Kubin, Günter Kunert, Lothar Kusche, Erich Kästner, Max Lingner, Jeanne Mammen, Frans Masereel, Arno Mohr, Henry Moore, Oskar Nerlinger, Boris Pasternak, Max Pechstein, Paul Rosié, Jean Paul Sartre, Albert Schaefer-Ast, Rudolf Schlichter, Robert Wolfgang Schnell, Karl Schnog, Anna Seghers, Elizabeth Shaw, Paul Strecker, Günter Strupp, Georg Tappert, Walter Trier, Kurt Tucholsky, Berthold Viertel, Wolfgang Weyrauch, Günther Weisenborn, Friedrich Wolf, Carl Zuckmayer u.v.a.

 

Fazit

Wie keine andere Zeitschrift im Nachkriegsdeutschland symbolisierte der Ulenspiegel die Aufbruchstimmung und den demokratisch-antifaschistischen Neubeginn bis hin zur Polarisierung im Kalten Krieg und der Spaltung Deutschlands. Viele seiner Mitarbeiter prägten später das kulturelle Gesicht beider deutscher Staaten.

 

 

 

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